Die meisten Menschen haben einen inneren Kritiker. Er gehört einfach zum Menschsein dazu. In der Regel ist er aus einem guten Grund durch bestimmte Erfahrungen entstanden. In vielen Situationen hat er eine positive Absicht für uns: er möchte uns vor etwas schützen oder zu etwas motivieren. Leider dient uns die Art, wie er dies macht oftmals nicht. Den inneren Kritiker loswerden. Geht das? Ja – aber lasst uns diese Stimme in uns erstmal etwas besser verstehen lernen.
Was genau ist der innere Kritiker eigentlich? Hier ein paar Annährungen:
Es ist eine Kraft in uns, die ständig unseren Wert misst und beurteilt und dadurch unsere Fähigkeit begrenzt, im gegenwärtigen Moment ganz lebendig zu sein.
Sigmund Freud nannte es das „Über-Ich“, unsere moralische Instanz und Träger des „Ich-Ideals“.
Nach den neuesten Ergebnissen der Forschung ist die kritische innere Stimme das erbarmungslose Ruhezustandsnetzwerk im Gehirn.
Wie entsteht die kritische innere Stimme
Während des Heranwachsens entwickelt sich die kritische innere Stimme in der Regel unbewusst. Sie entsteht meist durch die Übernahme und Verinnerlichung von Werten, Normen und Regeln der sozialen Gruppen, in denen wir aufwachsen.
Diese Verinnerlichung sorgt für fortwährende Anpassungsbewegungen an unsere Gemeinschaft und sichert uns damit Zugehörigkeit. Für unsere Vorfahren war Zugehörigkeit im wahrsten Sinn des Wortes überlebenswichtig. Heutzutage hängt unser blankes Überleben nicht mehr von Zugehörigkeit ab – aber sie immer noch lebenswichtig.
Was kostet uns der innere Kritiker?
Wir erleben diese Stimme oft als Härte, Strenge, schlechtes Gewissen, Scham oder Schuld. Sie kann uns zur Perfektion antreiben, kontrollierend oder schlicht be- und abwertend sein.
Sie schränkt unsere Spontanität ein, lässt uns in unserer vermeintlichen Komfortzone verharren, belastet unser Nervensystem und schmälert unsere Lebensfreude. Wir haben weniger ein Verständnis und Gefühl dafür, wer wir wirklich sind und was alles für uns möglich ist.
Unser Gehirn und der innere Kritiker
Wer sich und andere viel kritisiert, der ist vor allem in der linken Gehirnhälfte zuhause. Die linke Gehirnhälfte versucht die Welt durch Vergleich, Kritik, Leugnen, Zurückweisung, Abtun, Herabsetzen zu verstehen. Für die linke Gehirnhälfte ist es wichtig, was wir erreichen, schaffen, von unserer To-do Liste abhaken. Menschen werden durch ihre Funktionen wahrgenommen, vielleicht als Werkzeug, Instrument.
Die rechte Gehirnhälfte beschäftigt sich mit der Beziehungsebene: wie wir verbunden sind – mit anderen Menschen, mit dem großen Ganzen -, wie wir angenommen werden, wie wir beitragen können. Die rechte Gehirnhälfte hat die Fähigkeit Menschen ganzheitlich wahrzunehmen und mit Wärme & präziser Sprache auf das Selbst zu reagieren.
Ein Ziel bei der Arbeit mit dem inneren Kritiker ist es, mehr Verbindung zwischen der linken und rechten Gehirnhälfte zu schaffen.
Den inneren Kritiker loswerden
Völlig loswerden können wir die kritische innere Stimme nicht von heute auf morgen. Es ist jedoch möglich selbst zu bestimmen, wieviel Raum, Zeit und Macht wir diesem Anteil in uns zugestehen. Wir können lernen die Dynamik des inneren Kritikers und die durch ihn ausgelösten Prozesse zu verändern. Aus einer achtsamen Perspektive können wir einen konstruktiven Umgang mit dem kritischen Anteil in uns finden und generell mehr Selbstfreundlichkeit im Alltag kultivieren.
Hierzu biete ich am 7.11.2021 ein Seminar an der VHS Köln an. Es ist ein Mix aus fundierten Informationen, praktischen Tipps, Gruppen-, Partner- und Einzelarbeit sowie geführten Visualisierungen.
Wir werden uns durch verschiedene Inputs und Übungen den eigenen inneren Kritikern genauer zuzuwenden, sie identifizieren, verstehen lernen und einen konstruktiven Umgang mit ihnen lernen und üben.