Emotionales Essen auflösen – ein simpler Schritt, der auch Dir helfen wird

Emotionales Essen auflösen

Emotionales Essen auflösen – ein simpler Schritt, der auch Dir helfen wird

Emotionales Essen auflösen – aber was ist emotionales Essen eigentlich?

Emotionales Essen bezeichnet das Essen aus emotionalen Gründen anstatt aus körperlichem Hunger. Emotionaler Hunger resultiert aus einem Mangelzustand. Die Information, die ans Gehirn gesendet wird, ist ähnlich wie bei körperlichem Hunger: behebe den Mangel, stille das Hungergefühl!
Es gibt zwei Hauptgründe für emotionales Essen:
1. Ersatz für etwas, dass wir emotional brauchen (Geborgenheit, Zugehörigkeit, Ruhe, innerer Frieden, Selbstsicherheit uvm.)
2. Ablenkung von einem unangenehmen Gefühl (Wut, Angst, Einsamkeit, Überforderung, Stress, Müdigkeit uvm.)

Ursachen für emotionales Essen: frühe Traumata

Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen frühen Traumata, emotionalem Essen und Body Image Problemen. Untersuchungen wie z.B. die amerikanische ACE (Adverse Childhood Experiences) Study zeigen, dass Traumatisierungen in der Kindheit einen deutlichen Einfluss auf die spätere psychische und körperliche Gesundheit eines Menschen haben. In der ACE-Studie wurden zehn Arten von Kindheitstraumata und deren Auswirkungen untersucht. Fünf Traumatisierungen beziehen sich dabei direkt auf die untersuchten Menschen (körperliche Misshandlung, sexueller Missbrauch, emotionaler Missbrauch, körperliche Vernachlässigung, emotionale Vernachlässigung). Die anderen fünf Traumatisierungen beziehen sich auf das familiäre Umfeld (häusliche Gewalt gegenüber der Mutter, Suchtmittel-Missbrauch im Haushalt, psychische Erkrankungen im Haushalt, Trennung / Scheidung der Eltern, Inhaftierung eines Familienmitgliedes).

Es ist nicht Selbstsabotage sondern Selbstschutz

Wenn Du Dich schon ein wenig mit dem Thema beschäftigt hast, überrascht es Dich vermutlich nicht, hier noch einmal bestätigt zu bekommen, dass ständige Kämpfe mit emotionalem Essen und Gewichtsproblemen höchstwahrscheinlich wenig mit Essen und Bewegung zu tun haben, obwohl diese wichtig sind. Die tieferen Gründe sind zum einen neurologischer Natur, die in der Reaktion des Nervensystems & Gehirns auf Stress liegen, als auch psychologischer Natur, die in bewussten und unbewussten, auf Traumata basierenden Überzeugungen wurzeln.

Werfen wir einen Blick auf die Gehirnforschung und Trauma, die neurologische Gründe für emotionales Essen erklären kann:
Alle frühen Erfahrungen beeinflussen die Entwicklung des Gehirns und des Nervensystems. Traumata und Missbrauch in der Kindheit führen zu Veränderungen im sich entwickelnden Gehirn eines Kindes. Wenn ein Kind unter chronischem Trauma und Angst leidet, insbesondere in der eigenen Familie, verstärkt sich die normale Reaktion des Gehirns auf Bedrohungen – die Kampf-Flucht-Erstarrungs-Reaktion, die durch den Teil des Gehirns aktiviert wird, der Amygdala genannt wird. Unsere Amygdala formt ein emotionales, nicht-verbales, größtenteils unbewusstes Gedächtnis ohne Zeitbezug, so dass Erinnerungen bzw. damit assoziierte Gefühle im hier & jetzt ganz lebendig werden können.

Eine überaktive Amygdala macht uns überempfindlich gegenüber Stress. Das bedeutet, dass wir uns von kleinsten Triggern destabilisiert und überwältigt fühlen können. Es fällt uns dann schwer, Gefühle zu ertragen, und wir haben beunruhigende Körperempfindungen, wie z.B. Herzrasen, Kurzatmigkeit, Magen-Darm-Turbulenzen uvm. Oder man schaltet komplett ab und wird gefühllos. Letzteres kann im Zusammenhang mit Essen dazu führen, dass man nicht mehr merkt, wann man satt ist bzw. man überisst, um sich überhaupt mal zu spüren.

Aufgrund eines frühen Traumas wurde die Amygdala darauf konditioniert, ständig auf der Hut vor Gefahren zu sein. Das macht es schwer, zwischen überschaubaren und unüberschaubaren Situationen zu unterscheiden, so dass selbst geringer Stress das Nervensystem überwältigen kann. In der Folge geht unser Nervensystem in einen von drei Selbstschutz-Zuständen: sympathische Aktivierung, dorsale Immobilisierung oder in den Mischzustand Freeze, der gleiche Anteile sympathischer Aktivierung und dorsaler Immobilisierung hat. Unser Nervensystem war & ist immer für uns da, besonders wenn auf Menschen & Umstände kein Verlass war oder ist. Selbstschutz-Zustände nennen wir auch Dysregulation und in einem dysregulierten Nervensystem-Zustand greift man zum Essen, um sich zu erden.

Sich dem Essen zuzuwenden, ist keine Schwäche, sondern ein Versuch, Sicherheit zu finden und sich zu stabilisieren, wenn Körper und Gefühle aus dem Gleichgewicht geraten.

Emotionales Essen Psychologie: es ist nicht Deine Schuld

Schauen wir uns nun psychologische Gründe für emotionales Essen an. Wenn Du als Kind traumatisiert wurdest, fühlt sich Deine Welt weniger sicher an. Gab es niemanden, der Dir wohlwollend zur Seite gestanden und bei der Verarbeitung geholfen hat, hat Dein System Dich emotional geschützt, indem es schmerzhafte Gefühle weggedrückt hat. Wenn es nicht sicher war, Angst, Trauer, Schmerz, Verzweiflung uvm. zu fühlen und auszudrücken, haben sich diese Gefühle im Unterbewusstsein und im Körper versteckt. Als Du klein und allein warst, wäre es noch schmerzhafter und beängstigender gewesen, Dich mit dem Ausmaß dieser Gefühle zu konfrontieren, also wurden sie versteckt bzw. unterdrückt, um Dir zu helfen, den Tag, die Woche, den Monat zu überstehen. Das heißt aber nicht, dass Du diesen Schmerz oder diese Angst nicht gespürt hast. Höchstwahrscheinlich hat der Schutz, den das Unterbewusstsein gewährt hat, unerträglichen Schmerz nur leichter erträglich gemacht.

Emotionales Essen auflösen – ein simpler Schritt, der auch Dir helfen wird

Um emotionales Essen aufzulösen muss man sich zuerst sicher fühlen. Wenn wir uns sicher fühlen, geht unser Nervensystem nicht in Selbstschutz-Zustände = Dysregulation und wir brauchen Essen nicht, um Unangenehmes zu überdecken.
Hier ein paar Selbstcoaching-Fragen, die Dich dabei unterstützen können, mehr in einem Zustand von Sicherheit zu leben:

  1. Bei welchen Menschen und/oder Tieren fühlst Du Dich sicher und willkommen?
    Wenn unsere Traumata uns in die Einsamkeit geführt haben, können dies auch Menschen in einem Buch, einem Film oder einer Serie sein.
  2. Welche Aktivitäten bringen Dir Entspannung und ein Gefühl von Verbundenheit?
  3. An welchen Orten fühlst Du Dich sicher, zuhause, entspannt?

Mit welchen Körperempfindungen, Bildern, Gedanken und Gefühlen geht das Gefühl von Sicherheit für Dich einher?

Erstelle Dir Listen zu diesen Fragen und begib Dich möglichst täglich in Zustände von Sicherheit, auch wenn es nur Mikromomente sind.
Aus der Sicherheit heraus, können wir dann die nächsten Schritte tun, um emotionales Essen aufzulösen.

Ich hoffe dieser Artikel war für Dich hilfreich. Aus Sicht des Gehirns gilt, dass es nichts Beruhigerendes gibt, als verstanden zu werden.

Es ist vergleichsweise schwer alleine zu heilen. Unsere Nervensystem sind i.d.R. durch zwischenmenschliche Erlebnisse dysreguliert worden und finden über Co-Regulation wieder zurück zu Sicherheit & Wohlbefinden. Regulierte Nervensystem helfen dysregulierten Nervensystemen zu heilen, denn Nervensysteme beeinflussen sich gegenseitig. Wir brauchen die Unterstützung eines Menschen, der sich mit dem Nervensystem auskennt und uns den schnellsten Weg zur Heilung zeigen kann.

 

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